Herr Prof. Lauterbach,

„Am Brückentag schließen viele Praxen, wie die Apotheker wollen auch sie mehr Geld. Im Mittel (Median) verdienen sie aber nach Abzug aller Kosten um die 230.000 Euro pro Jahr. Soll der Beitragssatz für Arbeitnehmer steigen damit das Honorar weiter steigt?“ – Twitter: Prof. Karl Lauterbach 1.10.23

Was an Ihrem Tweet befremdet, ist der entstehende Eindruck, Sie würden Gruppen gezielt gegeneinander aufbringen wollen, indem Sie Hintergrundwissen, das Ihnen zweifelsohne bekannt sein muss, bewusst auslassen oder verkürzen. Dies lässt den Anschein entstehen, als ob Sie einer populistisch vereinfachenden Polemik Vorschub leisten, um Ressentiments zu fördern, die Öffentlichkeit aufzubringen und von der eigentlichen Thematik abzulenken. Für einen Politiker Ihrer Bildung, insbesondere im Lichte Ihrer Tätigkeiten u.a. für das „Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie“, sollte solch eine Herangehensweise als Werkzeug nicht zum Repertoire gehören.

Die Transformation des Gesundheitswesens zählt unzweifelhaft zu den großen Herausforderungen unserer Epoche. Sie erfordert sorgfältig durchdachte Neuerungen, die auf dem fundierten Wissen fußen. Es ist klar, dass auch mit Ihnen finanzielle Mittel aus dem Äther nicht zu generieren sind. Daher ist eine akribische Analyse der gegebenen Situation vonnöten, um adäquate Lösungsansätze zu finden. Ich appelliere an Ihr profundes Wissen im Bereich der Epidemiologie – wäre es nicht denkbar, hier ebenso Verantwortung wieder zurückzugeben? Welchen Stellenwert hat die Prävention? Lassen Sie uns sachlich bleiben und uns nicht in Polemik verlieren.

Das, was uns maßgeblich voranbringen wird, sind diskursive Auseinandersetzungen, die auf einer soliden Wissensbasis fußen, sowie Entscheidungen, die durch fundierte Informationen getragen werden.

Auch wenn es nebensächlich ist: Wie selbst das Statistische Bundesamt anmerkt, müssen von den besagten Beträgen auch Anteile für Sozialversicherungen etc. beglichen werden (Vgl. https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Dienstleistungen/Glossar/reinertrag-kassenpraxis.html): „Dieser Ertrag ist nicht identisch mit dem Einkommen der Ärzte. Er stellt zwar das Ergebnis des Geschäfts­jahres der Praxis dar, berücksichtigt aber unter anderem nicht die Aufwendungen für die Praxis­übernahme und die Aufwendungen privater Natur für die Alters-, Invaliditäts-, Hinter­bliebenen- und Kranken­versicherung der Praxis­inhaber und deren Familien­angehörigen sowie die Beiträge zu Versorgungs­einrichtungen der Praxis­inhaber. Dieser im Rahmen der Kosten­struktur­erhebung bei Arztpraxen errechnete Reinertrag ist somit nicht mit einem Gehalt BZW. Brutto­jahresein­kommen eines niedergelassenen Facharztes gleichzusetzen.“. Daraufhin wird deutlich, dass wir hier nicht von Reingehältern sprechen. Die authentischen Bruttogehälter einzelner Arztgruppen sind differenziert aufgeschlüsselt, ohne Weiteres auffindbar. Bei auch nur marginaler Auseinandersetzung mit dem Thema stoßen wir auf präzisere Aussagen (https://www.arzt-wirtschaft.de/finanzen/honorare/honorar-ist-nicht-gleich-einkommen-soviel-bleibt-aerzten-netto/). Ja, Ärzte verdienen durchaus ansprechend. Indessen erfordert eine umfassende Betrachtung des Gehaltsvergleichs die Berücksichtigung diverser Aspekte, unter anderem die erheblichen Zugangsvoraussetzungen und den langen Ausbildungspfad, der diesem Berufszweig inhärent ist. Ein Vergleich sollte auf einer ausgewogenen Basis die gegenüberstehende, äquivalente Verantwortung inbegriffen geführt werden. Die Anwendung des Medians als statistisches Mittel lässt zudem darauf schließen, dass erhebliche Diskrepanzen in den Einkommen zwischen den diversen medizinischen Spezialisierungen existieren. Diesbezüglich könnte eine vertiefende Betrachtung ebenfalls angebracht sein.

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