Die Erinnerung an das alte Röhrenradio, meiner Oma im Schlafzimmer auf Ihrem kleinen Beistelltisch ist noch sehr präsent. Es war als Kind faszinierend, Stimmen auf diesem Kasten zu hören, die scheinbar weit entfernt waren. Zum Glück war damals der Respekt vor diesem Gerät noch so groß, dass es nicht geöffnet und nachgeschaut wurde, wenn man bedenkt, dass hier zum Teil mehreren hundert Volt Ihre Arbeit verrichten (wenn auch mit Gleichstrom). Natürlich existierten die auf der Anzeige aufgetragenen Sender zum Teil nicht mehr, trotz allem konnten neu aufgekommene Sender, die auf der gleichen Frequenz sendeten, empfangen werden.
Achtung: auch wenn hier nur geringe Spannungen verwendet werden. Jeder entscheidet selbstverantwortlich darüber, ob er mit Elektrizität hantiert, er die Gefahr einschätzen kann und entsprechende Vorschriften und Sicherheitsbestimmungen einhält. Es wird keine Haftung übernommen.
Es war faszinierend, wie denn diese Leute in eine kleine Box kamen und dass auch noch praktisch zu jeder Tageszeit. Stundenlange wurde an den Drehknöpfen gedreht, gedrückt und ausprobiert, um zu erahnen, was hinter der stoffbezogenen Oberfläche lauerte. Ein Glück war der Mumm nicht groß genug, um die leicht zu entfernende Rückseite zu öffnen, denn immerhin werkeln im Inneren dieser Box einige 100 Volt, geschuldet der Röhrenverstärker Technik, die das damals einzige Mittel war, um entsprechende Leistung zu erreichen, sodass Sprache verstärkt werden konnte. Heutige moderne digitale Verstärker benötigen verschwindend geringe Strommengen für einige 10W und werden dabei nicht einmal richtig warm. Damals glühten ordentliche Röhren bei 500-600 Volt unter einer ansehnlichen Temperaturentwicklung, die dazu führte, dass das Gehäuse über den Röhren eine merkliche Wärme abgab.
Heutige Radios in durchschnittlicher Preisklasse zeigen sich eher unschick und ohne Seele, dafür mit mehr leidlich sinnvollen technischen Funktionen. Röhrenradios entstanden in einer Zeit, als einmählich der Rundfunk Einzug in die bürgerlichen Wohnzimmer erlangte. Große Marken zu dieser Zeit waren z.B. „Nordmende“ und „Metz“. Metz produzierte bis zum Ende des 2. Weltkrieges vor allem Kurzwellenempfänger und andere militärische Funktechnik. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges entfiel diese Produktion, sodass sich die Firma auf zivile Radiotechnik konzentrierte.
Aus dieser Zeit heraus stammt auch dieses „Nordmende“ in den Jahren um 1959 und kostetet damals ca. 295,00 DM, dazumal eine stattliche Summe. Wer sich über Röhrenradios und Ihre Geschichte informieren möchte findet auf der Website radiomuseum.org eine umfangreiche Anlaufstellte.
Wenn die Technologie zu damaligen Zeiten natürlich heute eher etwas für das Museum ist so kann man doch noch viel aus Ihr lernen und auch über das Verständnis der Ingenieure zu Ihrem Produkt. Die verbauten Komponenten sind alle samt gut erreichbar und so verbaut, dass man hierfür nicht gleich das komplette Radio auseinander nehmen muss, sondern auch mit entsprechendem Wissen gut an diese herankommt. Auch das Detailreichtum ist verblüffend. Vieles wird noch über Seilzugsysteme reguliert. Auch die Beleuchtung kann über ein Potentiometer welche reguliert werden und scheint durch ein mit Federn aufgehangenes Papier welches eine schöne diffuse Beleuchtung ermöglicht.
Es hatte bereits lange in den Fingern gejuckt eben so ein schönes altes Röhrenradio mit digitalen Komponenten zu versehen. Nachdem bei all zeitiger Suche auf Ebay ein gut erhaltenes Radio von „Nordmende“ angeboten wurde (für lediglich 20,00€ + Versandkosten) wurde das Projekt gestartet.
Zu beachten ist, dass diese Geräte meist nichtmehr im Original betrieben werden dürfen aufgrund der fehlenden Schutzeinrichtungen etc. Aber auch wenn man dies nicht tut können immer noch Restspannungen z.B. an den Kondensatoren anliegen welche prinzipiell tödlich sein können. Auch das Ausbauen der Komponenten sollte nur von Leuten durchgeführt werden, welche sich auskennen und dies Einschätzen können.
Hardware
Als Grundlage dient wie es der Name schon sagt ein Raspberry Pi (Modell 3B+). Der Audio Ausgang des Pi’s ist leider nicht sehr audiophil und eignet sich auch nicht für solche kleinen Projekte. Deswegen wurde das Modul HiFiBerry Amp2 implementiert. Diese kann direkt auf dem Pi angebracht werden, bietet gleich die Möglichkeit die Möglichkeit, den Pi darüber mit Strom zu versorgen und stellt selbst auch einen Verstärker Schaltkreis zur Verfügung sodass die Lautsprecher direkt bespielt werden können. In den Grundzügen stellt der AMP2 einen Digitalen Audio Converter (DAC) mit einer Verstärkerstufe da. Die Audiosignale werden hierbei über die I2S Schnittstelle an den DAC übergeben, die Kontrolle der Lautstärke etc. erfolgt, soweit überschaubar mittels I2C bzw. GPIO 4 für die MUTE Funktion. Zur Stromversorgung wurde ein Standart Netzteil mit einer Ausgangsleistung von 12V und 4 Ampere gewählt. Die Verkabelung an sich ist schließlich einfach. Da die Glühlampen aus nostalgischen Gründen auch noch betrieben werden sollten wurden Klemmen verwendet um diese auch unabhängig vom Raspberry Pi parallel anzuschließen (Die Spannung bleibt so für beide Verbraucher gleich).
Software
Natürlich macht das alles nur Sinn, wenn man auch eine entsprechende Software einsetzt, die einem möglichst einfach die I2S Schnittstelle zur Wiedergabe konfiguriert und auch eine Oberfläche zum Abspielen von Dateien bzw. Streaming oder Internet Radio bietet.
Hier bietet sich z.B. Volumio an. Dies ist eine fertige Distribution d.h. auch hier gibt es eine Image Datei welche genauso wie Raspbian OS direkt auf die SD Karte kopiert werden kann. Sie bietet neben einer Webbasierten Oberfläche eine tiefe Integration der I2S Schnittstelle sowie umfangreiche Plugins und eine einfache Konfiguration. Anleitung hierfür finden sich im Netz zu genüge.
Mittlerweile leistet das so aufgebaute Radio seit einigen Jahren seinen Dienst ohne große Probleme. Natürlich ist es ein Bastel Objekt und erhält immer wieder Modifikationen und wird verändert, was auch dazu führt, dass es Probleme gibt die zu lösen sind. Aber dafür ist es ja da.
Vor diesem Projekt wurde bereits ein Metz Radio umgebaut. Dieser Umbau war größer und umfangreicher als der oben genante. Am Ende war die Verkabelung und Steuerung jedoch zu komplex und anfällig sodass alles in einer frustranen Stunde sein Ende fand. Eventuell wird im Verlauf ein kleiner Beitrag hierzu entstehen, da dort auch ein Display eingebunden wurde.