Die Idee für eine Alpenüberquerung mit dem Rad war bereits längerer Zeit im Hinterkopf jedoch fand sich bisher kein konkreter Plan. Wie es manchmal ist, kommt eines zum anderen, ein neues Fahrrad wurde fällig, nachdem das alte sich verabschiedete und so fiel die Wahl zunächst ohne Hintergedanken auf ein Gravel Bike. Nach kürzeren Strecken entstand schließlich die Idee, doch mal damit eine längere Tour anzugehen. So führte eines zum anderen, die Satteltaschen wurden gepackt (ja, es ist ein Gravel Bike mit Satteltaschenhalter Vorrichtung). Da bisher noch keine Touren in dieser Dimension angegangen wurden, war auch dementsprechend die Planung konfus und fraglich, da es schwer einzuschätzen war, welche Strecken und Höhenmeter man tatsächlich bewältigen kann. Die Wahl fiel schließlich auf Strecken von 110 – 130 km pro Tag. Dies schient realistisch, nachdem eine Teststrecke über ca. 100 km (München – Ingolstadt) angegangen wurde. Unterkünfte wurden bereits im Vorhinein gebucht, sodass die geplanten Tagesetappen auch absolviert werden mussten.

  1. Tag: München – Innsbruck
  2. Tag: Innsbruck – Bolzano
  3. Tag: Bolzano – Riva del Garda

Natürlich wurde auch recherchiert und es fanden sich einige Aufzeichnungen von durchgeführten Fahrten z.B. bei Komoot. Unter anderem waren auch Fahrten der Gesamtstrecke mit ca. 14 Stunden zu finden (Hiervor kann man nur den imaginären Hut ziehen). Nach Durchsicht der Fahrt in Fatmap stieg der Respekt vor der Etappe über den Brenner wenn auch viele Leute einem erzählten, dass dies gut zu schaffen sei. Da die Urlaubstage nicht zu üppig waren wurde auch beschlossen, dass die Rückfahrt mit dem Zug erfolgt, damit noch einige Tage am Gardasee übrig waren. Achtung: Radkarten für diesen Zug waren hier nur über den DB Schalter vor Ort zu buchen und die Plätze sind äußerst rar gesät sodass man sich hier rechtzeitig und eigentlich vor jeglicher anderen Planung kümmern sollte, es war reines Glück, dass tatsächlich noch zwei Plätze frei waren.

Erster Tag

Gleich zu Beginn, nachdem es in München regnete und beschlossen wurde, dass dies ein denkbar schlechter Start sei kam es zu einer Änderungen der Strecke (Das Wetterradar zeigte kein Regen für das Inntal) sodass kurzerhand eine Zugfahrt nach Rosenheim gebucht wurde und die Strecke von dort los ging (hiermit wurden keine Kilometer gespart, aber dafür sowohl schlechte Laune bei Nässe als auch ein paar Höhenmeter).

Der Weg entlang des Inns ist gut ausgebaut und bietet auch landschaftlich Abwechslung. Der Wettergott hatte aber wohl etwas gegen den Versuch ihm zu entweichen und schickte eine Regenfront, welche zwar störend war, jedoch im Vergleich zu dem starken Gegenwind schon fast angenehm wirkte. So wurde die Fahrt zu einer Zitterpartie ob man tatsächlich die erste Etappe schaffen würde oder doch auf die Gleise umgesattelt werden musste (Zuggleise sind zu keiner Zeit weit entfernt sodass man hier eine Rückfalloption hätte). So ging es vorbei an Wörgl und Jenbach bis nach Innsbruck. Ca. 10 Kilometer vor Innsbruck war die Wegführung schließlich unklar und der Weg führte direkt neben der Autobahn vorbei – eventuell gibt es hier bessere und vor allem schönere Möglichkeiten, da dieser wirklich ausgeschlagen war und nur wenig Spaß bereitete. Der Akku hielt dann schließlich bis 2km vor Ankunft im Hotel. Interessant war hier zu erfahren, dass die meisten Hotels mittlerweile gute Radkeller z.T. mit Ausrüstung zum Putzen etc. sowie auch Möglichkeiten zum Laden anbieten (vielleicht wir sich dies in der Zukunft durchsetzen, sodass man nicht einmal mehr das Ladegerät was doch ein erhebliches Gewicht hat selbst mitnehmen muss). Mit einem schönen Blick auf die Berge wurde dann noch die Stadt erkundet, etwas Essbares aufgesucht und schließlich fiel man erschöpft und zufrieden nach einer ausgiebigen Dusche in das Bett. Im Hinterkopf war jedoch der zweite Tag mit seinen Höhenmetern und dem nun angereicherten Wissen über die Anstrengungen dieser Fahrt, sodass der Respekt davor nicht gemindert wurde.

Gewitterstimmung in Innsbruck

Zweiter Tag

Gestartet wurde mit einem ausgiebigen Frühstück. Glücklicherweise hatte der Regen über Nacht nachgelassen, wenn auch nicht ganz aufgehört. Der Akku sowohl des Rades als auch der Kraftreserven war wieder geladen sodass dem Start mit Regenausrüstung nichts im Wege stand. Die Wegfindung hier war etwas uneindeutig sodass von der vorgegebenen Strecke abgewichen wurde. Im Grunde ging es in Richtung Süden der alten Brenner Landstraße entlang. Einige Teile können durch Schleichwege gemieden werden. Allerdings sind diese zum Teil übermäßig Steil und fallen wieder ab, dass sich dieser Kraftaufwand nicht lohnt. Zum Zeitpunkt war nicht viel Verkehr sodass auch das Fahren auf der Fahrbahn wenn kein expliziter Radweg vorhanden in Ordnung war. Eine Passage über ein kleines Waldstück, welche schließlich entlang der Autobahnbrücke führt war wirklich außergewöhnlich schön wenn auch steil und ist zu empfehlen. Natürlich hatte man wie immer viel zu viel eingepackt, was sich nun bei der Steigung doch bemerkbar machte. Aber auch dies ist zu meistern und die Beschilderung ist selbst für Radfahrer auf den Großzügigen Straßen bei denen man sich manchmal fragt ob man hier wirklich fahren darf gut. Beim letzten Anstieg kommt eine langgezogene Linkskurve und mit einem mal sieht man die Bahnstation am Brenner und man weiß man ist oben. Schönes Gefühl über die Grenze mit dem Rad zu fahren und den Beamten kurz zu winken. Der Ort oben selbst ist mittlerweile zu einem Gießen Outlet geworden und auch sonst Reihen sich Läden an Läden. Da man einfach froh war es geschafft zu haben ging es direkt weiter.

Bolzano – im Hintergrund die „drei Zinnen“
Radweg nach dem Brenner

Das Radlerherz geht auf. Für Räder wurde eine eigene Straße eingerichtet und zwar, wie es scheint, entlang der alten Bahntrasse, welche zurückgebaut wurde, sodass man auch die ehemaligen Tunnel nutzt. Ab hier macht es wirklich Spaß und die Aussicht mit den Bergen und Tälern ist wirklich auch schön. Wenn man jedoch denkt, die Höhenmeter halten sich nun in Grenzen, wird man eines Besseren belehrt. Auch wenn es keinen stetigen Anstieg mehr gibt, so fordert einen das Dauernde auf und ab.

Blick von der Dachterrasse des Hotels

Bolzano wurde dann erst am späten Abend erreicht. Zu erwähnen ist das Hotel Goldenstern Townhouse. Eingerichtet in einer alten Stadtvilla mit verwinkelten Treppen und rustikal authentischer Einrichtung ist es wirklich außergewöhnlich. Die Dachterrasse bietet einen fabelhaften Blick. Die Stadt selbst wäre auch einen zweitägigen Aufenthalt wert gewesen, aber man kann ja wieder kommen.

Dritter Tag

Nach einem reichlichen Frühstück in schönem Ambiente wurden die Räder wieder aus dem alten Kellergewölbe geholt und gesattelt. Es ging direkt weiter am Fluss entlang bei strahlendem Sonnenschein und weiterhin perfekt ausgebautem Radweg. Die Tour führt durch schöne Täler gesäumt von abwechslungsreichen Vegatationen. Immer wieder wurden kleine Rastplätze eingerichtet mit Schattenplätzen und Sitzgelegenheiten. Da mittlerweile doch auch gewisse Müdigkeitserscheinungen auftraten wurden die Pausen kurz gehalten da man einfach ankommen wollte. Zu Erwähnen sind jedoch Trento und Rovereto. Beides schöne kleine Städtchen die es sich lohnt zu besuchen. Da der Zug zurück von Rovereto startete wurde auch gleich der Bahnhof einmal besichtigt um zu schauen, wo man denn hin muss.

Entlang der Etsch-Adige

Am Gardasee

Die Tage am Gardasee waren ebenfalls sehr schön. Am ersten Tag wurde das Rad zu Hause gelassen und gegen eine Schifffahrt getauscht mit den Zielen Malescine sowie Limone.

Ein Windsurf Schnupperkurs zur Abwechslung

Auch am Gardasee selbst ist Radeln unkompliziert möglich. Er ist ja bereits bekannt für gute Rennradstrecken. Wer es etwas gemütlicher möchte und auch die Aussicht genießt, der findet aber auch schöne und herausfordernde Strecken. Zu empfehlen ist die ehemalige Busstraße die sich entlang der Ostkette schlängelt und einen schönen Blick über den Gardasee sowie Torbole und die dahinter liegende Berge bietet. Leider versagt hier die Tretkurbel sodass kurz vor dem letzten Ort oben eine Umkehr notwendig wurde (zum Glück musste das Rad nur Bergab rollen).

Blick über den Gardasee vom Osthochufer

Am Ende war dies jedoch halb so schlimm. In Riva del Garda siedelt sich ein Radhändler an den anderen und so waren auch Ersatzteile kein Problem. Ebenso waren alle sehr hilfsbereit und nahmen sich dem Problem gleich an. So kam man auch ins Gespräch. Da auch der Monte Baldo ins Blickfeld geraten war, der sich am Westufer befindet, wurde nachgefragt, ob man diesen eventuell auch mit dem Rad erklimmen könne. Nach einem musternden Blick war die Meinung, dass es dort schon Straßen gibt, jedoch alles ziemlich steil sei. Karten wurden herausgekramt und Wege beschrieben. Innerhalb einer halben Stunde war alles repariert und geölt, sodass es weitergehen konnte. Der Weg wurde in der beliebten App herausgesucht und die Bergetappe angegangen. Steil ist es tatsächlich (für Otto Normalradler wie diejenigen, die hier unterwegs waren), aber es macht wirklich Spaß und ist eine wunderschöne Strecke mit einer super Aussicht und auch eine schöne Umgebung. Es geht über Serpentinen immer weiter hinauf und theoretisch könnte man so fast den ganzen Berg erklimmen.

Blick über den Gardasee vom Monte Baldo Aufstieg

Wer es sportlich bzw. halb-sportlich möchte, der ist mit dieser Tour als Einsteiger sicher gut beraten und hat auch seinen Spaß daran. Man kann sich seine Etappen gut einteilen, je nach eigener Einschätzung, die Infrastruktur ist für Radfahrer wirklich klasse und für Verpflegung ist sowieso immer gut gesorgt. In Riva del Garda sei noch das Restaurant „L’officina del panino“ erwähnt, welches wirklich leckere Burger und auch andere Gerichte anbietet. Der Besitzer ist passionierter Koch und hat ein Fabel für Dry Aged.

Zurück ging es dann zunächst mit dem Rad nach Rovereto zu dem oben bereits erwähnten Bahnhof. Da noch Zeit war wurde auch nochmal die Eisdiele am Radweg angefahren. Von dort sind gute Zugverbindungen in alle Richtungen zu erreichen sodass man auch ohne Umsteigen wieder in seiner Metropole zurück fahren kann. Zu beachten ist, dass in den Fernzügen die Radplätze Nummeriert sind. Man sollte darauf achten, wenn man einsteigt, ansonsten muss man das Rad eventuell durch den halben Zug schieben.

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