Die Wortmeldungen für eine Reform im Gesundheitssystem mehren sich. Wieder einmal scheint der Blick mit Scheuklappen auf die Ausgabenseite gerichtet, ohne grundlegende Probleme zu betrachten. Bei Leibe ist die Aufgabe komplex und bisher hat kein Land eine sichere Lösung oder einen klaren Weg gefunden.

Die aktuelle Diskussion dreht sich erneut um die stationäre Versorgung in den Krankenhäusern. Diese waren bereits mehrfach als Sparpotenzial mit zum Teil fragwürdigen Studien im Blickpunkt. Insbesondere sollen nun Übernachtungen weniger werden.

Betrachtet man die Gesundheitsausgaben im Allgemeinen, zeigt sich, dass diese über die Jahre ansteigen.

Setzt man diese Ausgaben in Relation zum Brutto Inlands Produkt (BIP), also dem Markt liebsten Maß für die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft, relativieren sich diese Steigerungen. Somit scheint eine Balance zwischen Wirtschaftsleistung und Krankheitskosten zu herrschen.

Interessant ist die Betrachtung der Kosten je Einwohner, welche ansteigen.

Wie verteilen sich die Ausgaben bei konkreter Betrachtung der ambulanten und stationären Aufwendungen?

Die Ausgaben im ambulanten Bereich sind aktuell also bereits höher als im stationären.

Wie es sich mit den Ausgaben für Übernachtung und Verpflegung verhält, lässt sich auch aus den Berichten ablesen.

Das Einsparpotenzial scheint hier nicht sonderlich groß zu sein.

Überdies würde eine Verlagerung von Fällen in den ambulanten Bereich Kosten entstehen lassen und auch organisatorische Probleme mit sich bringen, welche es zu beachten gilt.

Die Anzahl der Patiententransporte wird zunehmen. Die Systeme der Rettungsdienste und Privattransportgesellschaften sind bereits aktuell stark ausgelastet und würde eines weiteren Ausbaus bedürfen. Zur effizienten Ressourcennutzung wäre es wichtig, dass Termine z. B. im diagnostischen Bereich eingehalten werden, sodass hier auch ein belastbares und planbares System etabliert werden müsste. Weiter ist zu erwarten, nachdem die Patienten einen Großteil der Zeit zu Hause verbringen würden, auch z. B. nach diagnostischen Eingriffen, dass Komplikationen vermehrt im außerklinischen Bereich auftreten. Diese zusätzlichen Belastungen dem Rettungsdienst oder dem KVB-Dienst zu überlassen würde ebenfalls eine Aufstockung dieser Systeme bedürfen. Auch müssten sich Gedanken darüber gemacht werden, wie die Verteilung der Fälle mit Komplikationen im Gesundheitssystem stattfindet. Innerhalb des stationären Krankenhaussystems herrscht bereits eine Optimierung und sicher gibt es hier auch noch Potenzial für weitere Ideen, aber wir haben bereits eine Verdichtung der Arbeit in den Krankenhäusern, was sich auch anhand der Fallzahlen und Anzahl der Krankenhäuser belegen lässt.

Diese Fragen offenzulassen oder dem Privatsektor zu überlassen in der Hoffnung, dass sich hier eine Balance findet, birgt die Gefahr einer fehlgeleiteten Optimierung sowie eine Verschlechterung der Versorgung.

Hinter der Idee einer Verlagerung der Fälle in den ambulanten Bereich scheint also die Hoffnung zu stehen, dass sich regulatorische Mechanismen entwickeln, welche Einsparungen zulassen. Es greift aber nicht die grundlegende Problematik und auch nicht die künftigen Aufgaben, die uns bevorstehen, auf.

Es lohnt sich ein Blick auf die Gesundheitsausgaben nach Alter:

Wie zu erkennen, sind die höchsten Ausgaben in der Gruppe ab 65 Jahren zu verzeichnen. Was ist bezüglich der Bevölkerungsentwicklung zu erwarten?

Somit ist eine deutliche Zunahme der Gruppe mit den höchsten Ausgaben zu erwarten, während die unteren Gruppen tendenziell weniger werden. Zu erwarten ist hierbei auch, dass die Gesundheitskosten im Vergleich zum BIP stärker ansteigen. Diese demografische Entwicklung wird nicht aufzuhalten sein, sodass weitere Betrachtungen für Lösungsideen herangezogen werden müssen.

Hier lohnt sich ein Blick in die Studie Global Burden of Diseases (BGD) zu werfen, welche sich die Quantifizierung von Todesfällen, Krankheit, Behinderung und Risikofaktoren zur Aufgabe gemacht hat.

Die Tabelle stellt eine Rangfolge der Gründe, Ursachen für die meisten vorzeitigen Todesfälle sowie Einschränkungen der Lebensqualität (durch Krankheiten) dar und somit auch Gründe für Krankheitskosten. Hierbei sind die ersten 10 Punkte auf Lebensstil-, Ernährungs- und Umweltfaktoren zurückzuführen. Also Faktoren, welche durch uns und auch durch die Gesellschaft beeinflussbar sind. Wenn wir also tatsächlich die Ursachen für die Ausgabensteigerungen im Gesundheitssystem angehen wollen und nicht nur symptomatisch eine Umverteilung anstreben, sollten wir diese Faktoren angehen. Hierbei sind eigen-, gesellschaftliche-, aber auch politische und wirtschaftliche Verantwortung gefragt. Kritisch sind hierbei auch die Chancen hinsichtlich sozioökonomischen Status zu sehen, da sich zeigt, dass dieser einen ausgeprägten Einfluss auf die Gesundheit und das Gesundheitsverhalten haben. Dies sind Zahnräder, welche komplex ineinandergreifen und nicht für sich alleine betrachtet werden können. Dennoch sollten wir uns im Einzelnen als auch als Gesellschaft darüber Gedanken machen. Sicher wird sich hier keine schnelle und kurzfristige Lösung auftun. Langfristig gesehen aber wird eine Reduktion der Kosten im Gesundheitssystem nur möglich sein, wenn die Fallzahlen aufgrund einer gesünderen Gesellschaft sinken. Hier sollten wir der Prävention einen höheren Stellenwert beimessen. Zu erwarten ist, dass sich dies auch auf viele andere Aspekte des Lebens und Arbeitens positiv auswirkt.

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